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Medizin

Hilft Kochsalz gegen Krebs?

Natriumchlorid aktiviert die Aktivität von Tumor-bekämpfenden T-Zellen

Krebsbekämpfung
Eine erhöhte Salzdosis aktiviert tumortötende T-Zellen und lässt Krebstumore schrumpfen. Das könnte in der Krebstherapie helfen. © peterschreiber.media/ Getty images

Zuviel Salz ist zwar ungesund, aber gegen Krebs kann Natriumchlorid sogar hilfreich sein. Denn eine erhöhte Konzentration an Natriumionen macht tumortötende Immunzellen aktiver, wie Versuche mit Zellkulturen und Mäusen ergeben haben. Die „gesalzten“ T-Zellen konnten Krebszellen effektiver abtöten und Tumore zum Schrumpfen bringen. Doch das bedeutet nicht, dass Krebspatienten nun mehr Salz essen sollten – die schädlichen Nebenwirkungen wären zu hoch, wie die Forschenden betonen. Besser sei ein Einsatz des „Salztricks“ in der Immuntherapie gegen Krebs.

Kochsalz ist für uns unverzichtbar, denn unsere Zellen benötigen das Natrium aus dem Natriumchlorid für viele ihrer Transport- und Austauchprozesse. Doch zu viel Salz schadet auch: Eine zu hohe Dosis kann den Blutdruck hochtreiben, das Gedächtnis beeinträchtigen und auch das Immunsystem stören: Bei Salzüberschuss produziert die Abwehr Substanzen, die den Kampf gegen bakterielle Erreger stören und möglicherweise auch Allergien fördern können.

T-Killerzelle
CD8+ T-Zellen töten Krebszellen mithilfe zellgiftiger Botenstoffe ab – sofern sie aktiviert sind und die Tumorzellen erkennen. © ttsz/ iStock

Tumortötende T-Zellen im Blick

Doch in der Krebstherapie könnte Kochsalz sogar heilsam sein, wie nun zwei Forschungsteams herausgefunden haben. Das Team um Dominik Soll von der TU München und die Gruppe um Caterina Scirgolea vom IRCCS Humanitas Forschungsklinikum in Mailand haben untersucht, wie CD8+-T-Zellen auf erhöhte Konzentrationen von Natriumchlorid reagieren. Diese T-Zellen sind im Körper dafür zuständig, Krebszellen zu erkennen und sie dann mithilfe von cytotoxischen Substanzen abzutöten.

„Frühere Forschungsergebnisse zeigten bereits, dass Natrium andere T-Zelltypen reguliert, die an Autoimmunerkrankungen und Allergien beteiligt sind“, erklärt Koautorin Shan Sun vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie (Leibniz-HKI) in Jena. Daher war die Frage, ob sich diese aktivierende Wirkung nicht auch bei den Tumor-abtötenden T-Zellen nutzen lässt.

Salz macht T-Zellen aktiver

Und tatsächlich: Beide Teams stellten fest, dass ein erhöhter Salzgehalt der Zellumgebung die Abwehrzellen aktiver machte. Insbesondere die vermehrte Verfügbarkeit von Natrium verbesserte die metabolische Fitness der CD8+-T-Zellen, indem es ihre Aufnahme von Zucker und Aminosäuren steigerte. Dies verlieh den Abwehrzellen mehr Energie und erhöhte auch ihre Produktion der cytotoxischen Botenstoffe, wie die Forschenden berichten.

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Für diese Aktivierung der T-Zellen reichte es bereits, wenn diese kurzzeitig eine erhöhte Salzdosis erhalten, dann aber normal weiterkultiviert wurden, wie weitere Versuche ergaben. Interessant auch: „Die Transkription der CD8+ T-Zellen nach erhöhter Salzdosis ähnelt der von tumorspezifischen T-Zellen, die durch eine Immuntherapie mittels Checkpoint-Inhibitoren aktiviert wurden“, berichten Scirgolea und ihre Kollegen. Bei dieser Krebstherapie wird eine Art „Bremse“ der T-Zellen mithilfe von Antikörpern gelöst, so dass sie besonders aktiv werden.

Krebstumore schrumpfen schneller

Doch was bedeutet diese „Salzreaktion“ der T-Zellen für die Krebstherapie? Das zeigte sich in Tests mit Zellkulturen von Brustkrebs- und Melanomzellen und bei Mäusen, die an Bauchspeicheldrüsenkrebs litten: Die „vorgesalzenen“ Z-Zellen konnten den Krebs in allen Fällen schneller und wirksamer bekämpfen als unbehandelte Abwehrzellen, wie beide Forschungsteams feststellten. Nähere Analysen ergaben, dass das Kochsalz die tumortötenden T-Zellen nicht nur aktiver macht und ihre Angriffe auf die Krebszellen verstärkt.

„Das Salz schützt die T-Zellen außerdem vor zu schneller Erschöpfung. Das ist wichtig, weil erschöpfte T-Zellen nach und nach ihre Fähigkeit verlieren, Krebszellen zu bekämpfen“, erklärt Koautorin Chang-Feng Chu vom Leibniz-Institut. Bei den Mäusen verbesserte sich die Antitumor-Wirkung der T-Zellen auch dann schon, wenn diese einige Tage vorher Futter mit stark erhöhtem Salzgehalt erhalten hatten, wie Scirgolea und ihr Team herausfanden.

Was bedeutet dies für Krebspatienten?

Allerdings: „Eine extrem salzreiche Diät können wir nicht einfach auf den Menschen übertragen, weil dies negative Folgen für das Herz-Kreislaufsystem hätte“, erklären die Forschenden. Das Risiko für schwerwiegende Schäden wäre zu hoch. Stattdessen könnte der „Salztrick“ aber bei der CAR-T-Immuntherapie gegen Krebs eingesetzt werden, so das Team. Dabei werden den Krebspatienten T-Zellen entnommen und gentechnisch für den Kampf gegen die Krebstumore „aufgerüstet“. Dann erhalten die Patienten diese CAR-T-Zellen zurück.

„Ein kurzer Natriumchlorid-Überschuss während der Produktion von Anti-Tumorzellen wie den CAR-T-Zellen ist unseren Daten zufolge ein effektives Mittel, um ihre Potenz nach dem Rücktransfer zu erhöhen“, berichten Scirgolea und ihre Kollegen. Die solchermaßen „vorgesalzten“ und dadurch aktivierten T-Zellen können dann im Körper der Krebspatienten hochaktiv gegen Tumorzellen zu Felde ziehen. (Nature Immunology, 2024; doi: 10.1038/s41590-024-01918-6; doi: 10.1038/s41590-024-01923-9)

Quelle: Nature Immunology, Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI)

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